Warten hieß, auf die Gelegenheit warten. Und die Gelegenheit kam nur in dem Augenblick, der dem Warten entzogen ist, dem Augenblick, da es nicht mehr ums Warten geht.

Maurice Blanchot – Warten Vergessen

Immer redeten sie von dem Augenblick, an dem sie nicht mehr da sein würden, und ob sie gleich wußten, sie würden immer da sein und von diesem Augenblick reden, dachten sie doch, daß nichts ihrer Ewigkeit würdiger sei, als sie damit hinzubringen, sich das Ende dieser Ewigkeit vorzustellen.

Maurice Blanchot – Warten Vergessen

Hortense empfand jenen Sonntag wie ein Gefängnis, so schön er auch sein mochte mit dem Zug der Wolken, mit einem flimmernden Garten, mit all seinen sommerlichen Gerüchen, es war wie in Kindertagen, wenn man nicht zu den Gespielinnen durfte, und alles, was es ohne jene Gespielinnen gab, das gute Essen, der Sandhaufen im eigenen Garten, die Aussicht auf erwachsene Besuche und Kuchen, alles erschien dann so endlos und ohne Sinn…

Max Frisch – Die Schwierigen oder J’adore ce qui me brûle

Damals, deutlicher als je zuvor, fühlte sie leiblich etwas zerbrechen in sich. Einen Blitz lang, hier am ersten Tag ihrer Reise, war es ihr klar, daß sie aufbrechen müßte, zurückreisen müßte, unverzüglich. Sie tat es nicht. Sie vermochte es vielleicht nicht. Später einmal, wenn man über die ganze Strecke eines Lebens zurückschaut, wird man sich fragen, was alles anders gekommen wäre, wenn sie es damals doch getan hätte. Immerhin eine Frage! Dasein von Menschen, die geboren werden und wieder ein ganzes Leben zu leben haben, Schicksale hängen an einem Faden, an der Laune eines Abends, an der Lächerlichkeit des Zufalls, daran, daß damals gerade die Kellnerin kam – man zahlte, froh um die Ablenkung, schlüpfte in den Mantel, den die Signora mit dem Zwange der Höflichkeit hinhielt, und machte sich auf den Weg, den Yvonne eben noch, von einem tieferen Wissen gewarnt, um nichts in der Welt hatte gehen wollen.

Max Frisch – Die Schwierigen oder J’adore ce qui me brûle

Ich schlafe nie mehr, nur noch am späten Morgen. Wer möchte schlafen in einem Nachtwald voller Fragen? Ich liege wach in der Nacht da und denke, die Hände hinter dem Kopf verschlungen, wie glücklich war ich, glücklich, und ich habe mir doch versprochen, ich will nie mehr klagen, wenn ich nur ein einziges Mal habe glücklich sein dürfen. Aber jetzt will ich dieses Glück verlängern, ich will es wie jeder, dem es widerfahren ist, dieses sich verabschiedende Glück, das seine Zeit gehabt hat.

Ingeborg Bachmann – Malina

There’s no place to spend our money where we live.
The generous world suggests we live generously
so we lay
under low wide branches
of the oldest tree on the dune,
or in the hay,
where we will stay for so long without moving
that the careful birds finally relax
and make black nests in your black hair
and find ants walking around my unmoving feet
and we will only notice this play of the world
(that long moss is growing on us)
(that that wind has rewritten us)
(the give and take not stopping ever)
for only a moment
and then, having briefly noticed,
let the world roll on, doing this,
through open gates.

Mount Eerie – I Hold Nothing

These records arrived the day after the election. Their meaning changed for me. Initially I thought of these as simple, sad songs. As I held one in my hand I instead noticed, felt glad for, the bright color; image of the sun, noticed instead points of light in each song.

“Headache” is about grief, but also survival and resilience. “I’m Clean Now” finds an appreciation of failed love by re-describing it as landscape, without judgment. Not a celebration of loss, more pagan / feral; an acknowledgement of its power. Wind passing through a valley, shaking heads of wild flowers.

Heads of Wild Flowers: An Interview with Grouper’s Liz Harris – http://thefanzine.com/heads-of-wild-flowers-an-interview-with-groupers-liz-harris/

Natürlich haben mich immer Männer interessiert, aber eben deswegen, man muß sie ja nicht gleich mögen, die meisten habe ich überhaupt nicht gemocht, nur fasziniert haben sie mich immer, schon weil man denkt: wie wird das jetzt nach dem Biß in die Schulter weitergehen, was verspricht er sich davon? Oder jemand dreht dir einen Rücken zu, über den einmal eine Frau, lange vor dir, mit den Fingernägeln, mit fünf Krallen, diese fünf Striemen, für immer sichtbar, gezogen hat, du bist völlig verstört, zumindest verlegen, was sollst du anfangen mit diesem Rücken, der dir immerzu etwas vorhält, die Erinnerung an eine Ekstase oder einen Schmerzanfall, welchen Schmerz sollst du noch empfinden, in welche Ekstase noch geraten?

Ingeborg Bachmann – Malina

Novels demand many things of readers, but the most obvious is attention. I can do any number of other activities while watching a TV show or listening to music, and I can carry on a conversation with a friend while at an art gallery, but reading a novel demands putting everything else aside. To read a book is to devote oneself to the book. Novels always traffic in empathy, always bring “the other” closer, always ask us to transcend our perspectives, but isn’t that attention, itself, a generous act? Generous toward ourselves?

Eines Tages werden wir immer weniger Zeit haben und eines Tages wird es gestern und vorgestern und vor einem Jahr und vor zwei Jahren gewesen sein. Außer gestern wird es auch noch morgen geben, ein Morgen, das ich nicht will, und gestern… O dieses Gestern, jetzt fällt mir auch ein, wie ich Ivan getroffen habe und daß ich vom ersten Augenblick an und die ganze Zeit…, und ich bin erschrocken, denn nie wollte ich denken, wie es am Anfang war, nie, wie es vor einem Monat war (…) Aber eines Tages werde ich es wissen wollen und von dem Tag an werde ich zurückbleiben und zurückfallen in ein Gestern. Aber noch ist nicht morgen. Ehe gestern und morgen auftauchen, muß ich sie zum Schweigen bringen in mir. Es ist heute. Ich bin hier und heute.

Ingeborg Bachmann – Malina