An einem Waldrand mit Haselstauden, den sie wie ein unvermutetes Ziel gefunden, lagen sie in weinender Umarmung. Im zweifellosen Empfinden, daß es von hier keine gemeinsame Zukunft mehr gab, beteuerte Hortense ihre Liebe zu ihm, von der sie wußte, daß sie in der Dauer ihres Lebens nicht abzutragen war. Sie weinte aus Küssen auf ihn herab. So bleiben! dachte er. Nicht weiter müssen! Er hielt die Schwere ihres Kopfes noch einmal, jetzt noch da, er roch die halb süße, halb bittere und trockene Wärme ihres langen besonnten Haares. Er begriff es nicht, so wenig wie sie, was tut es! Abschied, der auf jeden Atemzug lag, Wind in den Bäumen und das unaufhaltsame Sinken der Sonne, Gehügel der Ferne, zu ihren Füßen die Welt voll vergangenem Sommer, Felder mit gespreizten Heinzen, Gehöfte mit Rauch, Seen und Städte, Türme, all das noch einmal voll weicher Nähe des Mädchens – voll Irrsinn eines qualvollen Genusses, sich vorzustellen, daß sie nun irgendeinem andern Manne folgen würde, unvergeßbar wie alles, was man verliert. In Augenblicken des Abschiedes, dem nichts mehr folgt, mündet jedes Gebärde in ewige Dauer.
Max Frisch – Die Schwierigen oder J’adore ce qui me brûle